Glas ist bekanntlich ein höchst wandlungsfähiger Baustoff. Bausteine, Dämmstoffplatten und Trennwände aus Glas sind längst in die Baumarkt-Sortimente eingezogen. Spektakuläre Verwendung fand das Material bei renommierten internationalen Projekten: Die Aussichtsplattform des Fernsehturms im kanadischen Toronto wurde aus Glas gefertigt; ebenso der Skywalk im Grand Canyon von Arizona, 1.200 m über dem Colorado River gelegen.
Im Eigenheim kann man sich begehbares Glas neben den Klassikern Holz, Laminat, Parkett, Teppich und Fliesen als Bodenbelag möglicherweise noch vorstellen. Doch Glasböden als tragendes Element?
Technisch wäre es heute möglich, die Geschossdecke eines Familienheimes aus Glas zu fertigen. Das würde allerdings die Frage aufwerfen, welchen Sinn es haben soll, die Familienmitglieder in den jeweiligen Wohnbereichen von oben oder unten betrachten zu können. Deshalb findet begehbares Glas vorerst nur bei Treppenstufen, im Treppenhaus, bei Balkonböden, Brüstungen, Vordächern, Emporen, Podesten und im Wellnesbereich Verwendung. Neuerdings zeigen Bauherren gesteigertes Interesse für Treppenstufen aus Glas, in die sich sogar farbige Beleuchtungen, meist LEDs, einarbeiten lassen.
Die Hausherren können also durchaus „Eindruck schinden“, wenn im Treppenhaus nicht das Deckenlicht, sondern die Treppe selbst leuchtet.
In Deutschland bieten bereits mehrere Lieferanten begehbare Glasböden an. Entscheidend für den Verbraucher ist jedoch, ob die Firmen für ihr Produkt eine allgemeine baurechtliche Zulassung vorweisen können. Die meisten Anbieter im Internet werben sogar mit dieser Genehmigung, weil dann Einzelfallprüfungen entfallen können.
Der Gesetzgeber fordert diese Sicherheit, weil begehbares Glas nicht bloß tritt- und rutschfest, sondern vor allem auch tragfähig sein muss. Wer in größerer Höhe auf einem durchsichtigen Glaspodest steht, kann schon ein mulmiges Gefühl bekommen. Glas als tragendes Element ist also gewöhnungsbedürftig, obwohl die vergleichsweise aufwändig hergestellten Bauteile recht robust sind. Sie werden aus Verbund-Sicherheitsglas (VSG) hergestellt. Dazu werden mindestens drei „vorgespannte“ Scheiben miteinander verklebt; zwischen ihnen liegt jeweils eine nahezu reißfeste Folie aus Polyvinyl-Butyral (PVB-Folie). Vorgespannte Scheiben entstehen, wenn ihre Oberfläche durch geblasene Kaltluft schneller abgekühlt wird als ihr Kern.
Solche Glasscheiben haben den Vorteil, dass sie beim Zerspringen in zahlreiche Krümel zerfallen, die durch die Folie gehalten werden. Die hinlänglich bekannten Schnitt-Verletzungen durch scharfe Glasscherben werden damit weitgehend vermieden.
Der Begriff „Glasboden“ wird gelegentlich auch für ein anderes Produkt verwendet. Vermischt man Glaskrösel verschiedener Körnungen mit einem Bindemittel, beispielsweise Epoxidharz, entsteht ein dauerhafter Fußbodenbelag – Glasterrazzo oder auch „Glasteppich“ genannt.
Bei herkömmlichem Terrazzo werden meist Natursteinkiesel mit Zement gebunden, danach wird die Oberfläche geschliffen.
Es würde zu einer Stilblüte führen, jetzt zu schreiben, dass die neuartigen, begehbaren Glasböden aus Verbundsicherheitsglas vor ihrem Durchbruch stehen; richtig ist aber, dass wir dieses Produkt in naher Zukunft viel öfter in Eigenheimen antreffen werden. Die schöpferische Fantasie der Hersteller wird uns dabei noch einige unerwartete Anwendungen bescheren.
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